Muskelrelaxantien – Nicht depolarisierende Muskelrelaxantien


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Plasmacholinesterase und Dibucain Test
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Muskelrelaxantien – neuromuskuläre Blockade Teil 1
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Muskelrelaxantien – neuromuskuläre Blockade Teil 2
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Neuromuskuläres Monitoring – Relaxometrie Grundlagen
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Neuromuskuläres Monitoring – Relaxometrie Methoden
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Postoperative Restcurarisierung (PORC)
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Antagonisierung
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Enkapsulierung
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Präkurarisierung, Priming, Megadosis
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Muskelrelaxantien – Succinylcholin
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Muskelrelaxantien – Nicht depolarisierende Muskelrelaxantien
11:12

Die nicht depolarisierenden Muskelrelaxantien werden chemisch in die Benzylisocholine, Steroidderivate und die Toxiferinderivate eingeteilt. Zu den Benzylisocholine werden Mivacurium, Atracurium und Cisatracurium gezählt. Steroidderivate sind Rocuronium, Vecuronium und Pancuronium und das Toxiferinderivat ist Alcuronium, was klinisch nicht mehr verwendet und von uns auch nicht näher beschrieben wird.
Mivacurium ist ein nicht depolarisierendes Muskelrelaxans. Den Wirkmechanismus haben wir bereits im Video neuromuskuläre Blockade erläutert. Mivacurium (Intubationsdosis: 0,25 mg/kgKg) hat einen schnellen Wirkeintritt nach 2-3 min, die klinische Wirkdauer, also DUR 25 beträgt 12-20 min, der Erholungsindex 6-8 min und die Gesamtdauer richtet sich nach der gegebenen Dosis und liegt bei ca 23-40 min.
Eine Nachinjektion verlängert die Wirkung um 15 min. Es wird durch die Plasmacholinesterase abgebaut. Bei Niereninsuffizienz bzw. Plasmacholinesterase-Mangel ist die Wirkdauer verlängert. Mivacurium wird verwendet, wenn eine kurze Relaxierung nötig ist. Es ist ab einem Lebensalter von 2 Monaten zugelassen.
Typische Nebenwirkungen sind die Histaminliberation mit Auslösen einer Allergie mit ausgeprägtem Flush, Hypotonie, Tachykardie, Urticaria bis hin zum Bronchospasmus. Kontraindikationen sind demzufolge das Histamin-Intoleranz-Syndrom, aber auch Patienten mit COPD, Asthma und bei einem bekannten Plasmacholinesterase-Mangel. Wegen der Histaminliberation muss Mivacurium immer langsam oder in geteilten Dosen verabreicht werden. In der Regel ist keine Antagonisierung wegen der kurzen Halbwertszeit nötig. Es macht pharmakologisch auch keinen Sinn, denn bei der Gabe von Neostigmin wird sowohl die Acetylcholinesterase als auch die Plasmacholinesterase gehemmt. Damit steigt der Acetylcholinspiegel im synaptischen Spalt und konkurriert mit Mivacurium am Rezeptor und gleichzeitig wird der Abbau des Mivacuriums gehemmt. Damit wird die Wirkdauer eher verlängert.
Atracurium (Intubationsdosis: 0,3-0,6 mg/kgKg) hat eine Anschlagszeit von 3-5 min, die klinische Wirkdauer, also DUR 25 beträgt 20-35 min, der Erholungsindex 10-15 min und die Gesamtdauer 55-80 min. Eine Nachinjektion verlängert die Wirkung um ca 35-40 min. Der Abbau erfolgt zu ⅓ über die Hofmann Elimination, bei der Laudanosin entsteht. Und zu ⅔ durch unspezifische Esterasen, also nicht durch die Plasmacholinesterase. D.h. der Abbau ist organunabhängig. Das Laudanosin ist potentiell konvulsiv und vasodilatierend. Ein Zusammenhang zwischen der Gabe und einem Krampfanfall ist bisher nicht bestätigt. Dennoch wird die Anwendung in der Neuroanästhesie und die Langzeitgabe auf der ITS kritisch gesehen. Typische Nebenwirkungen sind die Histaminliberation mit Hypotonie, Tachykardie, Urticaria, Flush, Bronchokonstriktion bis zum Spasmus. Kontraindikationen sind demzufolge das Histamin-Intoleranz-Syndrom, aber auch Patienten mit COPD und Asthma. Atracurium ist nicht plazentagängig und daher für die Sectio zugelassen. Eine Antagonisierung mit Cholinesterasehemmern ist möglich.
Cisatracurium (Intubationsdosis: 0,1-0,15 mg/kgKg) hat eine Anschlagszeit von 3 min, die klinische Wirkdauer, also DUR 25 beträgt 20-35 min, der Erholungsindex 13min und die Gesamtdauer 60-90 min. Eine Nachinjektion verlängert die Wirkung um ca 45-55min. Cisatracurium kann auch als Dauerinfusion gegeben werden, also per Perfusor. Dabei verlängert sich die Wirkdauer nicht, sondern entspricht dem Erholungsprofil einer Einzelgabe.
Cisatracurium ist das Cis-Razemat des Atracuriums und hat selbst eine ca. 4-fach stärkere Potenz. Der Abbau erfolgt hauptsächlich über die Hofmann-Elimination, also organunabhängig. Dabei entsteht ebenfalls Laudanosin. Da aber eine geringer Dosis, weil potenter, gegeben werden kann, ist die Menge an Laudanosin um 5-10 mal geringer. Die Indikation besteht zur Relaxierung ab einem Lebensalter von 1 Monat. Cisatracurium hat so gut wie keine Histaminliberation, auch kommen selbst in hohen Dosen keine kardiovaskulären Nebenwirkungen vor. Kontraindikationen sind: Überempfindlichkeit und Schwangerschaft. Eine Antagonisierung mit Cholinesterasehemmern ist möglich.
Rocuronium (Intubationsdosis: 0,5-0,6 mg/kgKg) hat eine schnelle dosisabhängige Anschlagszeit von 90 sec bei 0,45 mg/Kg, 60 sec bei 0,6 mg/kgKg und unter 60 sec bei 1 mg/kgKg, die klinische Wirkdauer, also DUR 25 ist auch dosisabhängig und beträgt 30-40 min bei 0,6 mg/kgKG und 60 min bei 1 mg/kgKg und über 100 min bei einer Dosis von 2 mg/kgKg, der Erholungsindex 14 min und die Gesamtdauer 50 min. Eine Nachinjektion verlängert die Wirkung um ca 35-40 min, allerdings gibt es eine große individuelle Varianz. Rocuronium kann auch als Dauerinfusion gegeben werden, also per Perfusor. Der Abbau erfolgt unverändert über die Leber. Die Indikation besteht zur Relaxierung ab dem reifen Neugeborenen und vor allem zur RSI, als Mittel der ersten Wahl, vor allem wenn Succinylcholin kontraindiziert ist; dann aber in einer höheren Intubationsdosis von 0,9-1 mg/kgKg. Die Anschlagszeit ist dann unter 60 sec, die Wirkdauer aber 60 min und länger. Es findet keine Histaminliberation statt und auch keine kardiovaskulären Nebenwirkungen.
Typische Nebenwirkung ist der Injektionsschmerz, da die Lösung sauer ist. Die Wirkung des Rocuronium kann durch Hypokaliämie, Hypocalcämie, Hypermagnesiämie und Azidose verstärkt werden. Bei der Sectio sind Dosen bis 0,6 mg/kgKG gut untersucht und beeinflussen den APGAR nicht, da es kaum plazentagängig ist. Bei gleichzeitiger Gabe von Magnesium in der Schwangerschaft ist die Dosis des Rocuronium zu reduzieren. Bei Adipösen ist die Dosis auf das Idealgewicht zu berechnen. (TIP: Idealgewicht = Körpergröße in cm - 100) Kontraindikationen liegen bei Überempfindlichkeit,  Leber- und Niereninsuffizienz und beim Stillen vor, weil es bei Stillenden keine Daten gibt.
Eine Antagonisierung mit Cholinesterasehemmern ist möglich, aber besser ist das Enkapsulieren mit Sugammadex. Die Wirkung kann damit auch aus einer tiefen Relaxierung heraus vollständig aufgehoben werden. Das Problem ist nur, dass Sugammadex relativ teuer (um die 100 Euro) und daher nicht in jeder Klinik verfügbar ist.
Vecuronium (Intubationsdosis: 0,08-0,1 mg/kgKg) hat eine Anschlagszeit von 3-5 min, die klinische Wirkdauer, also DUR 25 beträgt 20-35 min, der Erholungsindex 10-15 min und die Gesamtdauer 50-80 min. Eine Nachinjektion verlängert die Wirkung um ca 35-45 min. Bei kontinuierlicher Gabe verlängert sich die Wirkung aber mehr. Der Abbau erfolgt vorrangig in der Leber und die Ausscheidung biliär. Die Indikation besteht zur Relaxierung besonders bei niereninsuffizienten Patienten. Vecuronium hat das geringste Nebenwirkungsspektrum, keine Wirkung auf autonome Ganglien, keine kardiovaskulären Auswirkungen und keine Histaminliberation.  Die Wirkung des Vecuroniums kann wie beim Rocuronium durch Hypokaliämie, Hypocalcämie, Hypermagnesiämie und Azidose verstärkt werden. Vecuronium ist nicht plazentagängig und daher zur Sectio geeignet. Bei der Gabe von Magnesium in der Schwangerschaft ist die Dosis zu reduzieren.  Bei Adipösen ist die Dosis auf das Idealgewicht zu berechnen. Eine Antagonisierung mit Cholinesterasehemmern ist möglich, aber besser ist das Enkapsulieren mit Sugammadex. Die Wirkung kann damit auch aus einer tiefen Relaxierung heraus vollständig aufgehoben werden.
Pancuronium (Intubationsdosis: 0,08-0,1 mg/kgKg) hat eine Anschlagszeit von 1,5-5 min, die klinische Wirkdauer, also DUR 25 beträgt 60-90 min, der Erholungsindex 30-45 min und die Gesamtdauer 130-220 min. Der Abbau erfolgt zu 80 % renal und zu 20 % über die Leber. Bei Leber- und Niereninsuffizienzen besteht die Gefahr der Kumulation. Die Indikation besteht zur Relaxation bei langdauernden Eingriffen. Typische Nebenwirkungen sind Tachykardie und Blutdruckanstieg über muskarinerge Rezeptoren und durch die Hemmung der Wiederaufnahme von Noradrenalin. Auch eine Histaminliberation besteht mit Auslösen einer Allergie mit ausgeprägtem Flush, Hypotonie, Tachykardie, Urticaria bis hin zum Bronchospasmus. Eine Nachinjektion verlängert die Wirkung um 2-3 h und länger. Kontraindiziert ist Pancuronium bei der Niereninsuffizienz und einer Überempfindlichkeit. Bei der Schwangerschaft und Stillzeit liegen keine Daten vor. Eine Antagonisierung mit Cholinesterasehemmern ist möglich, aber durch die lange Halbwertszeit nicht sinnvoll. Die Enkapsulierung mit Sugammadex ist möglich, jedoch liegen dazu keine Daten vor.

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