Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft


Zurück
Anästhesie in der Geburtshilfe
1:34
Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft
5:15
Uteroplazentarer Kreislauf
1:36
Teratogenität
1:17
Wirkung der Anästhetika auf den Feten
3:08
Wirkung der Anästhetika auf den Uterus
1:23
Geburtshilfliche anästhesiologische Verfahren – PDK Anlag
10:12
Geburtshilfliche anästhesiologische Verfahren – Sectio
2:37
Geburtshilfliche anästhesiologische Verfahren – Operation
2:55
Sectio caesarea in Spinalanästhesie, Periduralanästhesie, Allgemeinanästhesie – konkretes Vorgehen
8:00
Notfälle in der Schwangerschaft – peripartale Hämorrhagie
9:57
Notfälle in der Schwangerschaft – thrombembolische Ereignisse
6:20
Notfälle in der Schwangerschaft – hypertensive Schwangerschaftserkrankungen
9:48

Die physiologischen Veränderungen kann man im Wesentlichen in fünf Gruppen einteilen, nämlich in anatomische, pulmonale, kardiale, hämostaseologische und gastrointestinale Veränderungen.

Anatomische Veränderungen können dazu führen, dass ihr ab dem 2. Trimenon mit Intubationsproblemen rechnen müsst. Warum ist das so?
Weil …

  • die Brüste größer geworden sind
  • oftmals eine Adipositas oder zumindest eine deutliche Gewichtszunahme erfolgte
  • häufig Ödeme bestehen, z. B. auch am Larynx
  • ein Fötus im Abdomen wächst und damit das Risiko für einen Reflux, eine Aspiration erhöht ist

Auf pulmonaler Ebene sinken ab dem 5. Schwangerschaftsmonat die funktionelle Residualkapazität (FRC) und die exspiratorische Reservekapazität. Was das genau ist, schaut euch bitte im Video Lungenfunktion an.
Im Gegensatz dazu steigen bereits ab der 8. Schwangerschaftswoche (SSW) das Atemminutenvolumen bis zu 50 % (AMV), die Atemfrequenz (AF) und die closing capacity (CC) an. Anders ausgedrückt: die FRC nähert sich der CC an. Das erhöht das Risiko für die Bildung von Atelektasen und damit für Shunts.
Die Folge dieser Veränderungen ist, dass die Schwangere weniger respiratorische Reserven hat und schneller eine Hypoxämie entstehen kann. Zusätzlich besteht ein erhöhter Sauerstoffbedarf, der durch die gesteigerte Atemarbeitkompensiert wird. Diese Hyperventilation führt zur respiratorischen Alkalose mit einer Linksverschiebung der Sauerstoffbindungskurve.
Des Weiteren ist ein schnelleres An- und Abfluten von volatilen Anästhetika (MAC minus 40 %) zu erwarten. Das Zwerchfell steht höher und reduziert die FRC.

Auf der Ebene der Hämostase erhöhen sich die Gerinnungsfaktoren VII, VIII, IX, X und der Von-Willebrand-Faktor. Ab der Konzeption bis etwa acht Wochen postpartal liegt ein prokoagulatorischer Gerinnungsstatus vor. Das Risiko für thromboembolische Komplikationen ist erhöht. Dazu haben wir ein eigenes Video in dieser Reihe für euch.

Zwischen der 6. bis 12. SSW steigt das Plasmavolumen deutlich an. Die Menge an zellulären Anteilen bleibt zunächst noch konstant, sodass es zu einer Hämodilution kommt. Das Herzzeitvolumen (HZV) erhöht sich um ca. 30 % und das Schlagvolumen um 20–50 %. Der periphere Widerstand sinkt um 20 %. Die Uterusdurchblutung ist abhängig vom Blutdruck der Mutter und dem peripheren Widerstand. Ist beides vermindert, kommt es zur Minderversorgung des Feten. Ist beides erhöht, dann kommt es zur vorzeitigen Alterung der Plazenta und ebenfalls zu Minderversorgungen des Feten.

Auf kardialer Ebene kann es ab der 20. SSW zum sogenannten aortokavalen Syndrom kommen. Was ist das? Durch den Feten entsteht ein Druck auf die inneren Organe. In Rechtsseitenlage drückt der Fet auf die Vena cava und führt zum verminderten Rückstrom von Blut aus der unteren Körperhälfte zum Herzen. Die Folge ist, eine verminderte Füllung des Herzen, verminderte Pumpkraft und damit ein Linksherzversagen mit Minderversorgung der lebenswichtigen Organe.
Was passiert also mit der Schwangeren in Rechtsseitenlage? Sie wird ohnmächtig, bricht mit dem Blutdruck ein und wenn die Lagerung so länger andauert, wird sowohl der Fet als auch die Schwangere nicht mehr adäquat mit Blut und Sauerstoff versorgt und im schlimmsten Fall entsteht ein Multiorganversagen und ein Abort.
Was heißt das nun für euch? NIEMALS legt ihr eine Schwangere ab der 20. SSW in Rechtsseitenlage! Die richtige Lagerung ist eine ca. 15° Linksseitenlagerung mit etwas erhöhtem Oberkörper.

Mit dem Druck des Feten auf die inneren Organe erweitern sich auch die epiduralen Gefäße. Das ist wichtig zu wissen, denn bei rückenmarksnahen Regionalanästhesien ist eine geringere Menge an Lokalanästhetika (LA) ausreichendbzw. bewirken gleiche Mengen an LA schneller systemisch-toxische Nebenwirkungen. Dazu könnt ihr euch das Video Nebenwirkungen der Lokalanästhetika - LAST bei uns ansehen.

Auf gastrointestinaler Ebene sinkt der Tonus des unteren Ösophagussphinkter. Gleichzeitig ist die Magenentleerung verzögert, das gastrale Volumen erhöht und von abdominal drückt der Fet und erhöht durch sein bloßes Dasein den intraabdominellen Druck. Die Folge ist ganz klar: Das Risiko für einen Reflux und eine Aspiration ist deutlich erhöht. Zusätzlich besteht eine erhöhte Azidität. Wenn nun also Mageninhalt aspiriert wird, ist der mögliche Schaden durch die erhöhte Azidität noch weiter verstärkt.

Welche Konsequenz hat das für die Anästhesie?

Ab der 12. SSW bis zum zweiten postpartalen Tag gilt die Schwangere als nicht-nüchtern. Daraus folgt: sollte eine Vollnarkose notwendig sein, dann nur in Crash-Intubation, also Ileus-Einleitung. Jede Schwangere erhält dann auch 20 ml Natrium-Citrat, um den Mageninhalt etwas zu neutralisieren.

Skripte, Audio (Stream & Download)
Bitte melde dich an, um diesen Inhalt zu sehen.,
Login | Jetzt registrieren