Narkoseführung


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Inhalatiosanästhetika – Grundlagen
2:29
Das ideale Gas
0:58
Inhalationsanästhetika im Detail
2:33
Dampfdruck
3:33
MAC (minimale alveoläre Konzentration)
1:37
Güdelstadien
0:58
Narkoseführung
7:52
Ökologischer Fußabdruck
3:32
Blut-Gas-Verteilungskoeffizient
2:13
Blut-Gewebe-Verteilungskoeffizient + Meyer-Overton-Korrelation
2:34
Einflussfaktoren der pulmonalen Aufnahme
5:01
Vor- und Nachteile der Narkosysteme
1:23
Systematik der Anästhesiesysteme
5:20
Aufbau des Narkosegerätes
4:58

Du stehst nun im Vorbereitungsraum, der Anästhesist überläßt dir das Zepter und was nun? Was fängst du nun mit all den Kenngrößen an, die in den vorherigen Videos besprochen wurden? Großes Staunen oder gar Entsetzen...
Wir wollen dir daher kurz zeigen, wie eine Inhalationsnarkose abläuft.
Eine Narkose kann in die Einleitung, Sicherung des Atemweges, Einwaschphase des Inhalationsanästhetikums, die Aufrechterhaltung und Ausleitung eingeteilt werden. Die Einleitung wird üblicherweise intravenös verabreicht. Dazu präoxygenieren wir den Patienten.
Er erhält je nach geplanter Operation ein Schmerzmittel, heute oftmals Sufentanil, ein Hypnotikum (meist Propofol) und bei Bedarf ein Muskelrelaxans.
Die Sicherung des Atemweges erfolgt nach Erreichen der Narkosetiefe.
Nun verbinden wir den Patienten mit dem Narkoseapparat, also dem Kreisteil. Jetzt geben wir einen Frischgasflow und die Narkosegas-Konzentration vor. Wir wissen, dass die Aufnahme des Narkosegases schneller erfolgt, je höher die Partialdruck- bzw- Konzentrationsdifferenzen zwischen den Kompartimenten Alveole, Blut und Gewebe sind. Dieses erreichst du durch einen hohen Frischgasflow oder eine hohe Narkosegaskonzentration. Üblicherweise stellst du einen hohen Frischgasflow von 4-6 Litern/min ein (also etwa dem Atemminutenvolumen), wobei meist ein Sauerstoff-Anteil von 40 % enthalten ist, d.h. 1 Liter Sauerstoff und 3 Liter Luft. Dieses Frischgas durchströmt nun den Vapor und nimmt das Narkosegas mit.
Wieviel Narkosegas mitgenommen wird, hängt von der Einstellung am Vapor ab (üblicherweise 3,5 Vol-% für Sevofluran; 2,5 Vol-% für Isofluran oder 5 Vol-% für Desfluran).
Der aufmerksame Zuhörer bzw. Video-Schauer wird jetzt vielleicht sagen, halt mal, habt ihr nicht gesagt, dass Desfluran nie zur Narkoseeinleitung benutzt wird? Stimmt! Aber in unserem Beispiel findet die Einleitung intravenös statt und nicht rein inhalativ, da wäre Desfluran absolut kontraindiziert.
Mit unserer Einstellung wollen wir nun zeitnah die Kompartimente sättigen und eine ausreichende Narkosetiefe erreichen. Diese kann man mit dem MAC quantifizieren. Nach Erreichen des MAC von 0,8 bis 1,0 kann der Frischgasflow reduziert werden. Wir können jetzt entscheiden, ob wir eine Minimal-, Low- oder High-Flow Narkose machen möchten. Heutzutage wird die Minimal-Flow Narkose bevorzugt, also ein Frischgasflow von kleiner als 500 ml/min. Die Gründe hierfür sind vielfältig.
Zum Einen ist es kostensparend, da nur so viel Sauerstoff, Luft und Narkosegas dem System zugeführt wird, das tatsächliche verbraucht wurde, zum Anderen ist der ökologische Fußabdruck geringer, wenn weniger Narkosegas abgesaugt und in die Atmosphäre geleitet wird und zum Dritten findet eine Atemgaskonditionierung statt. D.h. je kleiner der Frischgasflow, desto wärmer und feuchter wird die Einatemluft beim Patienten ankommen. Das hat erheblichen Einfluß auf die Flimmerhärchen des Bronchialbaumes und damit eine Reinigungsfunktion. Das gilt natürlich auch bei der TIVA, bei der es gar kein Narkosegas-Anteil gibt.
Der Frischgasflow muss mindestens so groß gewählt werden, dass der Patient mit genug Sauerstoff versorgt wird. D.h. es müssen mindestens 2-4 ml/Kg/min Sauerstoff eingestellt sein, denn das ist der Bedarf. Bei einem 100 kg Patienten muss ein Frischgasflow von 200-400 ml/min 100 % Sauerstoff ins System eingeleitet werden. Man könnte aber auch 500 ml Frischgasflow einstellen und dann 300 ml Sauerstoff und 200 ml Luft wählen, also 68 % Sauerstoff. Wie ihr das macht, ist ein bisschen Geschmackssache. In beiden Fällen findet eine Minimal-flow Narkose statt.
Wenn wir nun unseren Frischgasflow reduzieren, auf z.B. 500 ml/min mit 68 % Sauerstoff, dann müssen wir am Vapor die Narkosegasmengen erhöhen (5 Vol-% für Sevofluran und Isofluran bzw. 8 Vol-% für Desfluran). Denn ab jetzt strömt weniger Frischgas durch den Vapor und würde weniger Narkosegas mitnehmen können.
Zum besseren Verständnis nehmen wir uns einmal eine Badewanne zur Hilfe. Die Badewanne entspricht dem Narkosesystem mit allen Schenkeln und dem kompletten Patienten mit allen Kompartimenten.
Wir hätten gern eine Badewanne mit schönem blauen Wasser.
An unserem Wasserhahn (Frischgasflow) befindet sich ein Nebenlauf mit blauer Farbe, vergleichbar einem Vapor. Wir können Wasser einzeln in die Wanne lassen, oder durch den Nebenlauf mit blauer Farbe schicken.
Wenn wir nun den Wasserhahn weit aufdrehen, flutet unsere blaue Farbe schnell an. (Narkoseeinleitung). Drehen wir den Wasserhahn jedoch zu, entsprechend des Minimal-Flows, dauert es länger bis das Wasser schön blau ist.
Da hat wohl jemand vergessen den Abfluss zu schließen.
Das Wasser und die blaue Farbe laufen wieder aus der Wanne heraus. Narkosegase und Sauerstoff werden ja verbraucht.
Nun soll die Wanne, aber immer gleich voll bleiben und den gleichen schönen Blauton behalten (Narkoseaufrechterhaltung).
Zur Aufrechterhaltung des Blautons können wir uns entscheiden, ob wir wenig Wasser durch den Nebenlauf schicken und dafür mehr blaue Farbe bereitstellen, oder mehr Wasser und dafür weniger Farbe verbrauchen.
Übrigens kommt entsprechend eines halbgeschlossenen Systems natürlich Farbe in die Wanne zurück. Im minimalen Fluss können wir also langfristig Farbe einsparen, weil wir einfach ausgedrückt nur das zufügen, was verbraucht wird.
Ihr kennt sicherlich auch den Überlaufschutz einer Badewanne. In unserem Beispiel entpsricht das dem APL-Ventil. Schaut euch dazu das Video zum Aufbau des Narkosegerätes genau an.
Mit diesen Einstellungen ( FG z.B. 500 ml, 5 Vol-% Sevo) wird die Narkose aufrechterhalten.
Es besteht ein steady state, also ein Gleichgewicht zwischen den Kompartimenten.
Am Narkosegerät werden für den inspiratorischen Sauerstoffgehalt, das Atemminutenvolumen und die Obergrenzen der Narkosegase Alarme eingestellt. Der inspiratorische Sauerstoffgehalt sollte nicht unter 28 % fallen, das AMV zwischen 4-6 ml/Kg/min liegen und für die Narkosegase sollten 3,5 Vol-% für Sevofluran und 5-6 Vol-% für Desfluran nicht überschritten werden.
Etwa 10-15 min vor Ende der Operation wird der Vapor geschlossen. Das Frischgas fließt dann am Vapor vorbei in den Inspirationsschenkel.
Der Minimal-Flow bleibt erhalten und der Patient schöpft das noch vorhandene Narkosegas aus dem System aus. Mit dem Ende der Naht hat der Patient nun die Spontanatmung erreicht.
Im Narkosesystem befindet sich nicht mehr viel Narkosegas. Vor der Extubation spülen wir nun mit ca. 6 Litern 100 % Sauerstoff das System, so dass kein Narkosegas mehr vorhanden ist. Der Patient kann extubiert werden.
Die postoperative Betreuung findet üblicherweise im Aufwachraum statt.
Nachdem wir uns nun durch die Einstellungen gekämpft haben und unser Patient wohlbehalten im AWR angekommen ist, zeigt dir der zuständige Anästhesist, dass es eine Autodosierung gibt. Man gibt vor, welche Narkosegasmenge im exspiratorischen und Sauerstoffmenge im inspiratorischen Schenkel erreicht werden soll. Den Rest macht der Narkoseapparat. Dieser regelt alle Flows und Narkosegaseinstellungen am Zielwert… Na Prost!
Wieso einfach, wenn es auch kompliziert geht. Nein Spaß beiseite, Du solltest schon wissen, wie man klassisch eine Narkose fährt!

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