Bimanuelle Kooperation
Unter dem Begriff „bimanuelle Kooperation“ versteht man den Einsatz beider Hände bei einer Tätigkeit. Dabei übernehmen die Hände verschiedene Rollen. Die präferierte Hand übernimmt die führende bzw. ausführende Rolle und die nicht bevorzugte Hand dient als haltende bzw. assistierende Hand.
Auch sehr komplexe und lateralisierte Handlungen (z.B. das Schreiben) benötigen eine assistierende Hand zur Stabilisation.
Die bimanuelle Kooperation gilt als anspruchsvoller, wenn beide Hände eine unterschiedliche Bewegung ausführen. Jedoch hat der Mensch eine natürliche Tendenz seine Handlungen zu synchronisieren, so kommt es bei Spiegelbewegungen (Arme/Hände führen die Bewegungen gespielt aus). Spiegelbewegungen werden ca. bis zum 5. Lebensjahr erlernt, später kommt es zu Parallelbewegungen. Die Synchronisierung scheint vorrangig bei stark ausgeprägten Händern aufzutreten, dies gilt für Links- und Rechtshänder. Die bimanuelle Koorperation scheint eher vom Ausprägungsgrad (leicht oder stark), statt von der Richtung (links oder rechts) geprägt zu sein. Zum Beispiel erhöht sich die Gehirnaktivität bei bimanuellen Aktivitäten bei einem leicht ausgeprägten Händer, was wiederum die Fähigkeit steigert eine bimanuelle Bewegung zu planen und zu organisieren.
In Zusammenhang mit der Bimauellen Kooperation steht der Begriff bimanuelle Kopplung.
Unter dem Begriff bimanuellen Kopplung versteht man das Fehlen von zeitlicher und räumlicher Unabhängigkeit bei Tätigkeiten mit beiden Händen.
Untersuchungen haben ergeben, dass 3- bis 5jährige Kinder eine „unreife Kopplung“ besitzen. In diesem Alter kommt es zu einer starken Synchronisierung beider Hände, so dass sich diese gegenseitig „stören“. Im Alter von 5 bis 7 Jahren verringert sich dieses Phänomen und im Alter von 7 bis 9 Jahren wurden vermehrt unabhängige, sowie fließende Bewegungen bezüglich der Hände beobachtet.
Heraus kann geschlussfolgert werden:
Die koordinative Entwicklung fördert die Aufgabenverteilung der Hände und bietet die Grundlage für komplexe Tätigkeiten, z.B. Prozess des fließenden Schreibens
Man geht davon aus, dass in der Entwicklung unimanuelle (also mit einer Hand) Bewegungen einzeln entkoppelt und kontrolliert werden müssen, um Parallelbewegungen später zu ermöglichen.
Somit stehen die Rollenergänzung und Komplementarität (gegenseitige ergänzende Handlungen) im direkten Zusammenhang mit der Handpräferenz. Zudem gibt es in der kindlichen Entwicklung Überlappungen zwischen dem Prozess der „Entkopplung“ (Abnahme von Spiegelbewegungen) und der Myelinisierung (Entwicklung der Nervenzellen des Corpus Callosum). Deswegen steht die Reifung des Carpus Callosum im direkten Zusammenhang mit der Bildung der bimanuellen Kooperation.
Übungen zur Förderung der bimanuellen Kooperation:
- Zahlen, Buchstaben, Formen und Muster (2 gleiche Bilder am Tisch festkleben) mit den Fingern nachspuren
- Zahlen, Buchstaben, Formen und Muster (2 gleiche Bilder am Tisch festkleben) mit Wachsmalstiften, dicken kantigen Stiften nachspuren
- gleichen Zahlen etc. mit einer Hand von oben nach unten / mit der anderen Hand von unten nach oben mit den Fingern nachspuren
- gleichen Zahlen etc. mit Wachsmalstiften, dicken kantigen Stiften mit einer Hand von oben nach unten/ mit der anderen Hand von unten nach oben nachspuren
- Kinesologischen Übungen durchführen
- Übungen: siehe Video
Überkreuzen der Körpermitte
Das Überkreuzen der Körpermitte gibt Hinweise auf die neurologische Reife und Ausmaß der Lateralisierung, sowie Spezialisierung der beiden Hirnhälften eines Kindes. Das Überkreuzen ist ein Meilenstein in der sensibel-motorischen Entwicklung eines Kindes. Das Vermeiden der Körpermittellinienkreuzung wird als Indiz für eine Entwicklungsverzögerung verstanden.
Definiert wird die Körpermittellinienkreuzung als spontaner Einsatz einer Hand auf der gegenüberliegenden (kontralateralen) Körperseite. Um „erfolgreich“ überkreuzen zu können, müssen die Bewegungsimpulse auf der selben (ipsilateralen) Seite gehemmt werden. Die präferierte (dominante) Hand überkreuzt die Körpermitte wesentlich öfter als die nicht bevorzugte (nicht dominante) Hand.
Im Säuglingsalter, ca. mit 18 bis 20 Wochen beginnt das Kind seine Körpermitte im Zuge des Erkundens seines Umfeldes zu überkreuzen. Die Fähigkeit zum Überkreuzen verstärkt sich in der Altersspanne von 2 bis 6 bzw. 3 bis 8 Jahren. Die Entwicklung des Überkreuzens verläuft nicht gradlinig und nimmt mit zunehmenden Alter wieder ab.
Übungen zur Förderung der Körpermittellinienkreuzung
- Übungen sollten bimanuell ausgeführt werden, z.B. kinesologische Übungen
- Kinderyoga
- Übungen in Bewegungsparcour einbauen, z.B. Flusssteine versetzt anordnen und Ball überkreuzend in den nächsten Stein legen
- Übungen am Spiegel mit Rasierschaum – Schwungübungen über gesamten Spiegel (bimanuell) & mit beiden Zeigefingern parallel durchführen
- Saugnäpfe auf Tisch/Boden/Pezziball/Spiegel im Wechsel mit links und rechts auf der kontralateralen Seite des jeweiligen Gegenstandes befestigen
- Koshball in Partnerübung sich gegenseitig kontralateral zuwerfen
- Übungen mit dem Seil – sich mit dem Rollbrett an die Sprossenwand heranziehen – kreuzende, bimanuelle Bewegungsabläufe
- Zielwurf in 2 Behälter mit Sandsäckchen – kreuzendes/kontralaterales Werfen und Fangn
Übungen am Tisch
Tisch mit Krepppapier in der Mittel teilen
- Muster nachlegen – Muggelsteine/Steine auf kontralateralen Seite platzieren
- PopIt/Pinzette mittig legen – Pompoms Kontralateral ablegen – Pompoms farblich in den PopIt einordnen
- Legosteine kontralateral ablegen – nach Anleitung nachbauen
- Übungen mit Therapieknete (Rolle bauen) mit diagonalen Bewegungen – Muggelsteine in die Therapieknete hineindrücken
- Wisch- und Ziehbewegungen mit Tüchern/Sandsäckchen über den Tisch mit kontralateralen Bewegungen
- Puzzelteile kontralaterLanordnen und Kind puzzeln lassen
- „Fütterungsübungen“ mit dem Fressball
- Übungen mit dem Steckbrett