Masern Serologie – Diagnostik in der Schwangerschaft
Nun wollen wir auf die Masern-Infektion in der Schwangerschaft eingehen. Es stellt sich die Frage, inwieweit eine Primärinfektion der Schwangeren zu Komplikationen beim Kind führen kann.
Für eine Masern-Primärinfektion in der Schwangerschaft ist keine Embryo- oder Fetopathie beschrieben. In prospektiven Studien konnte darüber hinaus keine erhöhte Abortrate festgestellt werden, es existieren aber Einzelfallbeschreibungen über Abort sowie Frühgeburtlichkeit bei akuten Masern-Infektionen in der Schwangerschaft.
Auch die pränatale und perinatale Übertragung wird als sehr selten angesehen. Eine perinatale Infektion ist aber bei akuter Infektion bei Entbindung prinzipiell möglich.
Es existiert darüber hinaus ein Einzelfallbericht über eine subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) nach pränataler Infektion. Über Speichel und Nasensekrete kann es darüber hinaus zu neo- bzw. postnatalen Infektionenkommen. Bei einer solchen Übertragung zeigen sich meistens keine neonatalen Symptome. Es gab es jedoch Einzelfallhinweise auf konnatale Defekte nach akuten Masern.
Zur Diagnostik einer Masern-Infektion in der Schwangerschaft haben wir euch ein Flow-Chart erstellt.
Messt ihr in der initialen Untersuchung die IgG- und IgM-Antikörper und sind beide negativ, so ist am ehesten davon auszugehen, dass die Schwangere noch nie Kontakt mit Masern hatte und auch noch nicht geimpft wurde. In seltenen Fällen kann es jedoch eine so frühe Infektion sein, dass noch keine Antikörper nachweisbar sind. Hier wäre die RT-PCR positiv. Bei begründetem Verdacht auf eine Infektion oder einen stattgehabten Kontakt sollte also bei negativen IgG- und IgM-Antikörpern eine RT-PCR durchgeführt werden.
Zeigen sich die Masern-IgG-Antikörper negativ und die IgM-Antikörper positiv, sollte definitiv eine RT-PCR angefordert werden. Ist diese RT-PCR positiv, so handelt es sich um eine akute Infektion. Eine akute Infektion ist meldepflichtig und die Schwangere sollte über mögliche Komplikationen einer Masern-Erkrankung informiert werden. Bei Verschlechterung des Allgemeinzustandes sollte sich die Patientin umgehend an den Arzt oder an eine gynäkologische Klinik wenden. Darüber hinaus sollte der Kontakt zu ungeschützten Personen (wie z. B. Ungeimpfte, Neugeborene, Kleinkinder, andere Schwangere oder Immunsupprimierte) vermieden werden. Ist die RT-PCR negativ, so kann es sich um eine akute Infektion handeln, bei der das Virus in der RT-PCR bereits nicht mehr nachweisbar ist, aber die IgG-Antikörper noch nicht ausgebildet sind. Hier sollte eine serologische Kontrolluntersuchung durchgeführt werden. Kommt es in der Kontrolle zu einer IgG-Serokonversion, so handelt es sich um eine akute Infektion. Ändert sich der Befund dagegen nicht, so ist von einem unspezifischen IgM auszugehen, wie es bei polyklonaler Stimulierung, z. B. im Rahmen einer Ebstein-Barr-Virus-Infektion, oder bei einer Kreuzreaktion mit anderen Viren, wie z. B. Parainfluenza, kommen kann.
Findet ihr in der initialen Untersuchung positive IgG- und positive IgM-Antikörper, sollte ebenfalls eine RT-PCRdurchgeführt werden. Nur so könnt ihr zwischen einer akuten Infektion (hier wäre die RT-PCR positiv), einer kürzlich erfolgten Infektion oder durchgemachten Infektion mit persistierendem IgM unterscheiden. Ist die RT-PCR negativ, sollte eine serologische Kontrolluntersuchung erfolgen. Hier kann dann zwischen einem persistierenden IgM und einer kürzlich erfolgten Infektion mit bereits nicht mehr nachweisbarem Virus in der RT-PCR differenziert werden.
Zeigen sich die IgG-Antikörper positiv und die IgM-Antikörper negativ, liegt in den meisten Fällen ein Zustand nach durchgemachter Infektion oder Impfung vor. Sollte ein Risikokontakt bestanden oder die Schwangere typische Symptome haben, kann zur Abklärung einer eventuellen Reinfektion nach Impfung eine RT-PCR erfolgen.
Was könnt ihr nun für die Praxis mitnehmen?
Die Leitlinie zur Diagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen (AWMF: Detail) von 2014, welche sich aktuell in Überarbeitung befindet, gibt euch einige Hinweise.
Der Immunstatus bezüglich einer Masern-Infektion sollte am besten bereits vor der Schwangerschaft festgestelltwerden. Hierzu reicht es, den Impfausweis der Patientin zu kontrollieren. Sind zwei Masern- bzw. Mumps-Masern-Röteln-Impfungen dokumentiert, sind keine weiteren Maßnahmen notwendig. Eine generelle Messung der Masern-Antikörper vor einer Schwangerschaft wird nicht empfohlen. Fehlt eine Impfung oder ist der Impfstatus unbekannt, sollten die Impfungen nach den Richtlinien der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Institutes (STIKO)nachgeholt werden. Hierbei ist ein Abstand von vier Wochen zwischen Impfung und nachfolgender Konzeptionausreichend. Sollte einmal eine Impfung akzidentiell in der Schwangerschaft durchgeführt werden, besteht kein erhöhtes Risiko einer Embryopathie. Trotzdem sind Lebendimpfstoffe in der Schwangerschaft prinzipiell kontraindiziert.
Bei bereits bestehender Schwangerschaft sollte der Impfstatus mittels des Impfausweises überprüft werden. Hierbei sind fehlende Impfungen idealerweise im Wochenbett nachzuholen. Dabei ist es unerheblich, ob die Mutter stillt oder nicht. Auch hier wird eine allgemeine Kontrolle der IgG- und IgM-Antikörper nicht empfohlen.
Die Anwendung unseres Flow-Charts ist vor allem für den Fall eines Kontaktes bzw. einer Exposition der Schwangeren mit dem Masern-Virus gedacht. Auch bei Kontakt sollte zuerst der Impfausweis überprüft werden. Zeigen sich fehlende Impfungen, sollten die Masern-IgG- und IgM-Antikörper bestimmt werden und das weitere Procedere analog unserem Flow-Chart durchgeführt werden.