Einflussfaktoren der pulmonalen Aufnahme
Nachdem wir bereits die Kenngrößen Blut-Gas-Verteilungskoeffizient und Blut-Gewebe-Koeffizienten ausreichend erläutert haben, wollen wir uns nun den Weg des Inhalatationsgases vom Narkosegerät zum Gehirn ansehen.
Die Einflussfaktoren zur pulmonale Aufnahme von Inhalationsanästhetika sind der Frischgasfluss, die inspiratorische und alveoläre Konzentration des Gases, der second gas und Konzentrationseffekt, die FRC, das Atemminutenvolumen sowie das HZV.
Der Begriff Frischgas beschreibt je nach Einstellung am Narkosegerät reinen Sauerstoff, also 100% O2-Anteil, oder ein Gasgemisch aus Raumluft und Sauerstoff bei beispielsweise 50% Sauerstoff-Anteil.
Details hierzu könnt ihr euch beim Video zum Narkosegerät anschauen.
Je niedriger der Frischgasfluss ist, desto höher muss die Konzentration am Vapor eingestellt werden, um die nötige Konzentration des Inhalationsanästhetikums in der Inspirationsluft zu erreichen.
Wichtig hierbei ist zu verstehen, dass Frischgas primär kein Inhalationsanästhetikum enthält. Es zieht in den Vapor und nimmt auf dem Weg unser Gas mit.
Je höher die eingestellte Konzentration des Inhalationsanästhetikums am Vapor ist, desto schneller kann zunächst in der Alveole, dann im Blut und in Folge im Gehirn der zur Anästhesie notwendige Partialdruck erreicht werden.
Dabei spielen die alveolopulmonalkapilläre Partialdruckdifferenzen wie im Video zum Blut-Gas-Koeffizienten und Blut-Gewebe-Verteilungskoeffizienten beschrieben, eine große Rolle bei der Aufnahme und Umverteilung.
Je höher der Partialdruckdifferent zwischen der Inspirationsluft, Alveole und Blut ist, desto größer ist auch die Menge des Inhalationsanästhetikums, die pro Zeiteinheit diffundiert.
Ebenso ist die Blutlöslichkeit wichtig. Eine schlechte Blutlöslichkeit führt zu einem schnellen Anfluten.
Der Konzentrationseffekt und der Zweitgaseffekt zählen ebenfalls zu den Einflussfaktoren.
Der Konzentrationseffekt besagt, je höher die inspiratorische Konzentration ist, desto schneller erfolgt auch der Anstieg der alveolären Konzentration.
Dabei kommt es rasch zu einer Konzentrationserniedrigung im verbleibenden Volumen. Das verbleibende Gas wird also konzentriert. Durch ein sogenanntes „Vakuum“ wird nun noch schneller neues Inhalationsanästhetikum in die Alveolen gesaugt.
Der Zweitgaseffekt, oder auch Second-gas-Effekt beschreibt die Kombination aus einem Inhalationsanästhetikum und Lachgas.
Die schnelle Diffusion von Lachgas führt zu einem Volumenverlust in der Alveole, ähnlich dem Konzentrationseffekt. Die alveoläre Konzentration des Inhalationsanästhetikum steigt dadurch rascher an, als einzeln.
Natürlich beeinflussen auch physiologische Parameter die pulmonale Aufnahme eines Inhalationsanästhetikums.
Die alveoläre Ventilation kann durch Steigerung, also Hyperventilation, der Lunge mehr Inhalationsanästhetikum zuführen. Also die alveoläre Konzentration rascher erhöhen. Ein niedriges Atemminutenvolumen führt zu einer langsameren Einleitung.
Auch die funktionelle Residualkapazität beeinflusst die Aufnahme.
Bei einer geringen FRC gleicht sich der inspiratorische Partialdruck schneller an den Alveolären an. Das liegt daran, dass unser Inhalationsanästhetikum bei der Einleitung zunächst im Volumen der funktionellen Residualkapazität (FRC) verteilt wird.
Auch das Ventilations-Perfusions-Verhältnis beeinflusst die Aufnahme erheblich. Pathologien wie beispielsweise eine Lungenarterienembolie, Lungenfibrose oder ein Lungenödem verzögern den arteriellen Konzentrationsanstieg.
Bei der Zunahme des Herzzeitvolumens und damit auch des pulmonalen Blutflusses wird mehr Anästhetikum über das Blut abtransportiert, deshalb steigt der alveoläre Partialdruck langsamer an.
Man darf jedoch nicht vernachlässigen, dass infolge eines erhöhten Herzminutenvolumens eine große Menge des Inhalationsanästhetikums zum Gehirn transportiert wird und somit auch schneller wirken kann.
Zusammenfassend beeinflussen ein hoher Frischgasfluss, eine hohe insp. Narkosegas-Konzentration, die alveoläre Ventilation, Perfusion und Diffusion sowie eine hohe Partialdruckdifferenz die Aufnahme positiv.
Auch eine niedrige Blutlöslichkeit, funktionelle Residualkapazität und ein niedriges HZV führen zur schnelleren Aufnahme.
Weiterhin ist die Aufnahme vom Konzentrationseffekt und Second-Gas-Effekt abhängig.