Systematik der Anästhesiesysteme


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Vor- und Nachteile der Narkosysteme
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Systematik der Anästhesiesysteme
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Aufbau des Narkosegerätes
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Die Systematik der Anästhesiesysteme ist je nachdem welches Lehrbuch man sich zur Hand nimmt leicht verwirrend. Alte Begriffe, wie offen, halboffen, halbgeschlossen und geschlossen konkurrieren mit den Neuen wie Rückatmungs- und Nichtrückatmungssystemen.

Wir bringen nun einmal Licht ins Dunkel.
Generell unterscheidet man Überschuss-Systeme von Gleichgewichts-Systemen.
Bei einem Überschuss-System herrscht mehr Angebot als Aufnahme, das heißt dem System wird mehr Frischgas (Sauerstoff, Luft, Lachgas und Inhalationsanästhetikum) hinzugefügt, als vom Patienten verbraucht wird.
Bei einem Gleichgewichts-System sind Angebot und Aufnahme in gleichem Maße vorhanden. Wir sprechen dann also von einem geschlossenen System. Das heißt, es erfolgt eine komplette Rückatmung mit Kohlendioxidabsorption.

Die Überschuss-Systeme kann man nun weiter gliedern. Es gibt Rückatmungssysteme und Nichtrückatmungssysteme.
Beim Rückatmungssystem wird also die Ausatemluft partiell zurück geatmet, das Co2 wird zuvor absorbiert und das nicht rückgeführte Ausatemgasgemisch als Überschussgas aus dem System abgeleitet. Dieses wurde und wird heute noch als halbgeschlossenes System bezeichnet. Halbgeschlossene Systeme stellen den Standard im OP dar.
Frischgas wird von extern hinzugefügt und zum Großteil nach der Ausatmung dem System wieder zur Verfügung gestellt. Das bedeutet, dass in jedem Rückatmungs-System ein Absorber sein muss!
Je nachdem wie man den Frischgasfluss einstellt, kann eine Minimal-, Low- oder High- Flow Narkose durchgeführt werden. Bei der Minimal-Flow Narkose haben wir einen Frischgasflow von weniger als 500 ml/min. Hierbei nähern wir uns einem geschlossenen System, da kaum Ausatemgas aus dem System entfernt wird und nur noch das zugeführt wird, was verbraucht wurde. Bei der Low-Flow-Narkose haben wir einen Frischgasflow unter 1 Liter/min und beim High-Flow unter 2 Litern/min. Je höher der Frischgasflow ist, desto mehr neues Gasgemisch (Sauerstoff, Luft und oder Lachgas) wird in das System gespeist und um so geringer ist der Rückatem-Anteil. Das heißt, wieviel Rückatmung tatsächlich stattfindet, ist abhängig vom eingestellten Frischgasflow.

An der Stelle eine praktische klinische Frage. Wieviel Frischgas muss denn überhaupt eingestellt sein? Oder anders gefragt, was wird denn aus dem System verbraucht? Selbstverständlich geht es hierbei vor allem um den Sauerstoff-Anteil, der zu Co2 verstoffwechselt wird. Man sagt, dass ca. 2-4 ml/kg/min Sauerstoff benötigt wird. Das heißt, bei einem Patienten mit 100 kg wären das 200-400 ml Sauerstoff pro Minute. Der Frischgasflow müsste dann 200-400 ml/min betragen. Bei einer Minimal-Flow-Narkose von < 500 ml/min ist dann mindestens ein Sauerstoff- Anteil von 80 % im Frischgas einzustellen. Also 400 ml Sauerstoff und 100 ml Luft oder 200-400 ml reinen Sauerstoff. Wieviel Sauerstoff ein Patient aufnimmt, zeigen die neuen Narkosegeräte an.

Vielleicht noch einmal eine Verständnisklärung. Viele Studenten sind oft verwirrt, warum 80-100 % O2 eingestellt werden. Sie erzählen mir von Sauerstoffradikalen und dem schädlichen Einfluß von reinem Sauerstoff. ABER: Der O2-Anteil im Frischgas ist nur der Anteil, der dem System neu zugesetzt wird und nicht der vom Patienten tatsächlich eingeatmeten Anteil!
FG ist nur der Anteil vom Respirator bis zum inspirat. Schenkel. In diesem befindet sich ja bereits die Luft von allen Atemzügen zuvor drin, also die Ausatemluft. Und nun kommt in dieses System 400 ml 100 % dazu.

Die Nichtrückatmungs-Systeme hingegen beinhalten keine Rückatmung der Ausatemluft oder nur eine kleine Menge. Deshalb ist kein Co2-Absorber notwendig. Diese Systeme sind technisch nicht darauf ausgelegt, die in der Ausatemluft enthaltenen, unverbrauchten Narkosegase wieder zu verwenden.
Beim Nichtrückatmungs-System unterscheiden wir die mit Reservoir (dann halboffenes System) und die ohne Reservoir (also offenes System).
Bei den Systemen mit Reservoir haben wir beispielsweise den Ambubeutel einzuordnen. Dieser hat in dem Fall ein Ventil. Das Kuhn-System für Kinder ist ebenfalls ein halboffenes System, jedoch ohne Ventil. Beim halboffenen System wird dem System eine bestimmte Frischgasmenge zur Verfügung gestellt. Im Idealfall ist die so groß, wie das AMV ist. Je nach Größe des Frischgasflows kann dennoch eine kleine Menge der Ausatemluft partiell rückgeatmet werden. Das ITS-Beatmungsgerät wird ebenfalls zu den halboffenen Systemen gezählt und hat dementsprechend keinen Absorber.
Zum offenen System zählt die Schimmelbuschmaske. Es wird hier kein Frischgas zugeleitet, sondern das Frischgas ist die Raumluft und wird dem “System” in keinster Weise wieder zugefügt. Hier besteht jedoch die Meinung, dass die Schimmelbuschmaske erst gar nicht als System bezeichnet werden darf. Es handelt sich ohnehin um ein rein historisches Narkosesystem aus der Zeit der Äthernarkose.

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