Präoperative Dokumentation


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Dokumentation in der Anästhesie – Grundlagen
4:58
Präoperative Dokumentation
12:55
Intraoperative Dokumentation Teil 1 – Grundlagen, Zeiterfassung
10:36
Intraoperative Dokumentation Teil 2 – Medikamente, Bilanz, AVB
6:55
Intraoperative Dokumentation Teil 3 – Beispiel
1:46
Postoperatives Dokumentation
11:15
Zusatzblatt
1:33
Blutprodukteprotokoll
2:11
Patientenfragebogen
1:39

Starten wir mit der ersten wichtigen Seite: der Dokumentation des präoperativen Zustandes Am besten ist es, wenn ihr einfach von oben nach unten die einzelnen Felder durchgeht. Beginnen wir mit dem Status: Gemeint ist der Aufnahmestatus. Also ambulant ODER stationär. Die Markierung privat ist nicht obligat. Sie dient der späteren Selektion aller privaten Anästhesien.
Als nächstes kommt die Dringlichkeit. Wir haben geplant, dringlich und Notfall zur Auswahl. Wird Notfall markiert, dann werden einige Pflichtfelder beim scannen ausgeschaltet. Denn eine ordentliche Anamnese und Risikoeinschätzung ist beim Notfall nicht möglich.
Nun folgt die Station, von welcher der Patient kommt. Wird das Protokoll zur statistischen Erhebung eingescannt, dann werden zuvor bei der Installation des Programmes alle Stationen durchnummeriert und diese Ziffer hier eingetragen. Dient das Protokoll ausschließlich der eigenen Dokumentation kann selbstverständlich die hausinterne Stationsbezeichnung eingetragen werden. Geschlecht, Größe und Gewicht sind klar. Das Gewicht bitte ohne Dezimalstelle eintragen. Das Alter ist in Jahren anzugeben. Bitte keine größer oder kleiner Zeichen nutzen. Für Kinder, (definitionsgemäß unter 6 Jahren), Säuglinge und Neugeborene gibt es eine eigene Markierungsmöglichkeit.
Die Fachabteilung, welche den diagnostischen oder operativen Eingriff vornimmt, tragt ihr hier ein.

Ein großes Feld ist für das Patientenklebchen bzw. den Barcode. Es ist darauf zu achten, dass auch die Durchschläge ein Klebchen benötigen. Außerdem kann nur der Barcode gescannt werden, so dass nach Erfassung des Formulars ausschließlich die Patientennummer zur Verfügung steht.

Der Zahnstatus ist wichtig für die Risikoeinschätzung des Zahnverlustes bzw. der Zahnschädigung im Rahmen anästhesiologischer Maßnahmen. Es sind mehr als eine Markierung möglich. Z.B. Vollprothese im Unterkiefer und saniert im Oberkiefer. Oder behandlungsbedürftig und gefährdet. Es lohnt sich der Blick in den Mund und eine ordentliche Dokumentation an dieser Stelle, vor allem erspart es dem Anästhesisten viel Ärger. Denn bei Klagen ist der Anästhesist verpflichtet nachzuweisen, dass der Schaden bereits vorher bestand oder unvermeidlich war. Und der Zahnstatus unserer Patienten ist teilweise unbeschreiblich desolat, auch bei den Jungen.

Der Rachenstatus nach Mallampati dient der Risikoeinschätzung einer zu erwartenden erschwerten Intubation. Dazu werden die sichtbaren pharyngealen Strukturen bei weit geöffnetem Mund und herausgestreckter Zunge beurteilt. Wenn ihr jetzt nicht genau wisst, wie die Klassifikation war, dann könnt ihr einfach auf der Rückseite des Blattes nachsehen.

Mallampati I bedeutet die volle Sichtbarkeit des weichen Gaumens, der Uvula und der seitlichen Gaumenbögen

Mallampati II nicht mehr sichtbar sind die seitlichen Gaumenbögen und die Spitze der Uvula

Mallampati III es sind nur noch der weiche und harte Gaumen sichtbar

Mallampati IV nur noch der harte Gaumen ist sichtbar.

Neben dieser Einschätzung sind zusätzliche Befunde wie z.B. Morbus Bechterew, fliehendes Kinn, Retrognathie oder Z.n. Verbrennung, narbige Verschiebungen, Z.n. Tracheotomie usw im unteren Feld handschriftlich einzutragen. Auch evtl. Eintragungen aus einem Anästhesie-Paß sind sehr hilfreich. Denn welche Hilfsmittel haben denn zur erfolgreichen Ventilation und Intubation geführt? Das würde man dann zur Narkoseinduktion bereithalten. Gemeint ist ein Mc Coy Spatel, das Videolaryngoskop, ein Cook-Stab, eine Intubationslarynxmaske usw..

Weiter geht es mit der NYHA-Klassifikation zur Einschätzung der Herzleistung. Auch dieses findet sich auf der Rückseite zum Nachlesen.

NYHA I also eine Herzleistung ohne körperliche Limitation

NYHA II eine Herzleistung mit leichter Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe.

NYHA III eine Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung der Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit. Beschwerden bei Belastung.

NYHA IV Herzerkrankung mit Beschwerden unter Belastung UND in Ruhe.

Wichtig sind Allergien. Ein JA muss spezifiziert werden, vor allem Allergien gegenüber Antibiotika, Schmerzmittel, aber auch Latex, Chrom und Nickel sind wichtig; eine Allergie gegenüber Soja und typischen Narkosemedikamenten ebenfalls.

In diesem Freitextfeld könnt ihr die aktuellen Medikamente eintragen, sogar die Dosierung und Tageszeit also früh, mittag, Abend, nachts…

Gleich daneben können alle in Frage kommenden Dauer-Medikamente markiert werden. Drogen, Nikotin und Alkohol sind gesondert aufgeführt.

Ganz rechts findet ihr besondere Befunde und Risiken. Hier markierte Befunden dienen der zusätzlichen auch optischen Warnung vor besonderen Risiken. Gleichzeitig werden wichtige zusätzliche Differenzierungen relevanter pathologischer Befunde einzelner Organsysteme ermöglicht., also für Neurologie/ZNS, Herz/Kreislauf, Lunge, Stoffwechsel und Adipositas. Also haben wir ein Schock oder Polytrauma vorliegen, einen bereits narkotisierten oder Intensivpatienten, liegt ein unbehandelter Hypertonus vor, eine dekompensierte Herzinsuffizienz, ein Herzinfarkt in den letzten 6 Monaten, eine instabile Angina pectoris, besteht eine Katecholaminpflicht, spielen Asthma, COPD oder eine respiratorische Insuffizienz eine Rolle, vielleicht ein OSAS mit einem NIV-Beatmungsgerät, ist der Patient immunsupprimiert, ggf. dialysepflichtig (—> wenn das vorliegt müsst ihr immer auch die erlaubte Tagestrinkmenge erfragen und dokumentieren sowie ob noch eine Restdiurese besteht), ist der Patient Diabetiker und wie erfolgt die Therapie also mit Tabletten oder Insulin, wieviel Einheiten und ist er Träger einer Insulinpumpe?, besteht eine Schwangerschaft, Sepsis, liegt ein Ileus vor und die erschwerte Intubation.

Weiter geht es mit dem PONV-Score. Weiblich, PONV-Anamnese, Nichtraucher und die Notwendigkeit postoperativ Opioide zu brauchen sind wichtige Risikofaktoren. Werden 2 Punkte angekreuzt, sollte automatisch eine PONV-Prophylaxe vereinbart werden. Z.B. 4 mg Dexamethason nach Narkoseinduktion. Also eine nichtrauchende Frau hat ein PONV-Risiko per se. Das soll euch aber nicht zum Rauchen verleiten…

Die ASA-Klassifikation fasst praktisch alle erhobenen Befunde zusammen und teilt in normal gesund, Patient mit leichter Einschränkung, Pat. mit schwerwiegender Einschränkung und denen mit permanenter Lebensbedrohung sowie den moribunden Patienten ein, der ohne Intervention nicht überleben wird. Zusätzlich kann Hirntod und die Organexplantation gewählt werden. Ihr ahnt es sicher. Auch diese Klassifikation ist auf der Rückseite des Protokolls zum Nachlesen gedruckt.

Im Feld präoperative Visite tragt ihr nun noch ein, wann und wo ihr den Patienten aufgeklärt habt. Der Aufklärungsort ist nur für statistische Zwecke interessant.
Wird das Protokoll für die DGAI gescannt, dann muss bei der Installation des Programmes jedem Anästhesisten eine Zahl zugeordnet werden, ähnlich wie bei den Stationen, alle Kollegen werden einfach durchnummeriert; und die eigene Ziffer hier eingetragen. Zusätzlich könnt ihr eintragen, ob es sich um eine Leistung im Regeldienst, Bereitschaftsdienst, als Überstunde oder am WE handelt.
Sind mehrere Visiten nötig, dann kann das hier eingetragen werden. Die Minuten-Felder können addiert werden, so dass der gesamte Zeitaufwand abgebildet wird.
Markiert ihr KEINE, dann hat auch keine präoperative Visite stattgefunden. Dann werden wie beim Notfall einige Felder beim scannen ausgeschaltet.
Die Markierung präoperative Visite ohne OP bezeichnet den Fall, dass eben kein Eingriff erfolgte, der Patient aber sehr wohl anästhesiologisch vorbereitet wurde. Dann müssen die weiteren Blätter als leere Seiten eingescannt werden.
Das Feld Information dient statistischen Zwecken. Ward ihr beim Patienten und die Unterlagen fehlten, der Patient wusste noch gar nichts von einer Operation oder war nicht anwesend, dann könnt ihr das dort abbilden.

Und nun wird es spannend. Endlich sind wir beim geplanten Anästhesieverfahren angekommen. ALLES, was mit dem Patienten besprochen wurde, wird hier markiert.; auch die Alternativen, falls was nicht gelingt oder die OP umfangreicher wird.
Also: ITN mit Plexus interscalenär bei der Schulter OP, oder SPA und als Alternative LM/ITN, falls die SPA nicht klappt.

Zusätzlich sind das invasive Monitoring also ZVK und Arterie, aber auch die RSI (rapid sequence induktion), die TIVA bei ausgeprägter PONV-Anamnese und die Möglichkeit der PCA (also Patienten kontrollierte Schmerzmittelgabe) zu markieren.

In der Checkliste für die Station können weitere noch zu erledigende Aufgaben angezeigt werden. Also ein aktuelles Labor, EKG, noch durchzuführende Konsile, eine Lungenfunktionsprüfung oder eine Röntgenaufnahme. Zu markieren ist es als Kreuz für: muss noch gemacht werden oder als Haken für ist erledigt.

Bei einer Transfusionswahrscheinlichkeit von mehr als 10 %, muss man sich Gedanken machen. Mindestens die Blutgruppe sollte dann zuvor bestimmt worden sein. Manchmal hat der Patient vor dem Eingriff Eigenblut gespendet. Soll dieses, Fremdblut oder FFP direkt in den OP geliefert werden, dann kreuzt man das hier an. Soll Fremdblut in der Blutbank eingekreuzt werden, also auf Abruf zur Verfügung stehen, dann tragt ihr die Anzahl an Konserven hier ein, die für diesen operativen Eingriff hausintern üblich sind. Selbstverständlich kann individuell von diesem Standard abgewichen werden. Abweichungen solltet ihr aber mit der behandelnden Fachabteilung absprechen.
Als letztes tragt ihr die Medikamente ein, die der Patient am Abend vor der OP und am OP-Morgen einnehmen soll. Zum Beispiel die Anxiolyse mit Dormicum, die Blutdrucktabletten, Psychopharmaka usw., bitte mit Dosis und Uhrzeit. Auch ein Blutzucker-Tagesprofil, morgendliche Blutdruck-Kontrolle oder ähnliches sind hier einzutragen.
Für die bettenführende Station ist es wichtig, ab wann der Patient nicht essen und trinken darf. Es gilt 4-6 Stunden vor OP ist das Essen erlaubt, trinken bis zu 2 Stunden vor der OP. 200 ml Tee, Wasser oder Kaffee ohne Milch sind prinzipiell erlaubt.

Denkt bitte daran. Nicht jeder Patient ist an erster Stelle dran. Ein pauschales Trinkverbot z.B. ab 6 Uhr morgens ist nicht sinnvoll. Entweder die Patienten erhalten dann ab 10 Uhr eine Infusionstherapie oder das Trinken bleibt erlaubt, bis die Prämedikation erfolgen soll, das ist meist 1-2 Stunden vor der Narkoseinduktion. Dazu muss es in eurem Krankenhaus SOP`s geben. Fragt da bitte nach.
Und jetzt noch mit das Wichtigste: Vergesst nicht, das Protokoll zu unterschreiben!

Zusammenfassend dient die präoperative Visite der Risikoeinschätzung bezüglich kardiovasculärer, respiratotischer Komplikationen, aber auch der Ermittlung des Zahnstatus, einer zu erwartend schwierigen Ventilation oder Intubation, dem PONV-Risiko und der Planung des Narkoseverfahrens. Es sollte für jeden Kollegen der Abteilung mit einem Blick erlauben, die patientenspezifischen Risiken zu erkennen.

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